home
***
CD-ROM
|
disk
|
FTP
|
other
***
search
/
Aminet 13
/
Aminet 13 - August 1996.iso
/
Aminet
/
docs
/
mags
/
gadget25.lha
/
AmigaGadget25
/
Texte
/
j&s.nebenwirkungen
/
j&s.nebenwirkungen
Wrap
Text File
|
1996-06-17
|
8KB
|
141 lines
#Titel Jokes & Stories / Nebenwirkungen
#Logo gadget25:PInsel/AG.J&S
#Font Losse 16
#C31
Nebenwirkungen
#Font topaz 8
#C21
"Entschuldigen Sie bitte, aber das ist ein Überfall!" sagte der dunkel
gekleidete, schlanke Mann mit der Ski-Maske zu den Menschen am Schalter
einer kleinen Bankfiliale.
Klaus blickte sich erschrocken um, beinahe hätte er seinen Scheck fallen
lassen. Er sah zwei maskierte Maenner, die beide mit Pistolen bewaffnet
waren. Sie hatten ihre Waffen auf ihn und drei weitere Kunden gerichtet.
Langsam kam der größere von den beiden näher, der andere blieb am Eingang
stehen und warf immer wieder nervöse Blicke nach draußen.
"Wenn Sie den Alarm auslösen, werde ich sofort eine Geisel erschiessen!"
sagte er mit eiskalter Stimme zu dem Mann hinter dem Schalter.
"Und damit Sie mir das glauben..." Er trat an Klaus heran und richtete
seine großkalibrige Waffe auf seinen Kopf. Klaus bekam eine Gänsehaut,
sein Magen verkrampfte sich. Es fehlte nicht viel, dann würde er sich vor
Angst in die Hose machen. Plötzlich schrien die Leute nervös auf. Der
Mann trat wieder von Klaus zurück. Was ist denn los? dachte Klaus
erstaunt. Was haben die denn alle auf einmal? Eine Frau krümmte und
übergab sich, ein weiterer Kunde schaute entsetzt auf Klaus' Füsse. Was
ist denn da unten? fragte sich Klaus besorgt. Er schaute hin. Die Stille,
die plötzlich um ihn herum herrschte, dran nun auch in sein Innerstes ein,
er konnte vor lauter Entsetzen gar nicht mehr denken. Unter sich konnte er
seinen leblosen Körper liegen sehen, sein Kopf war völlig blutüberströmt. In
seiner Hand hielt er immer noch den Scheck.
"Nein!" sagte Klaus leise. "Nein!" schrie er schließlich. Er taumelte
einige Schritte nach hinten, dabei stammelte er immer wieder: "Nein!"
Plötzlich stolperte er über irgendetwas. Er stürzte und ihm wurde übel
- er verlor das Bewußtsein.
Klaus schlug die Augen auf. Vor sich sah er eine blühende, märchenhafte
Landschaft. Schmetterlinge flogen durch die milde Frühlingsluft und der
Duft zahlloser Blumen lag in der Luft. Klaus war an einen Baumstamm
gelehnt, neben ihm saß eine junge Frau. Als er sie anblickte, lächelte
sie.
"Wie geht es dir?" fragte sie ihn, immer noch lächelnd.
"Gut!" antwortete er. Dann hielt er inne, erstaunt über seine eigenen
Worte. Ja, es geht mir tatsächlich gut, dachte er. Merkwürdig, ich müßte
doch verwirrt und beunruhigt sein. Immerhin...
"Wo bin ich?" fragte er sie.
"Manche nennen es Jenseits", antwortete sie und schaute ihn traurig an.
"Also bin ich..."
Sie nickte. Dann legte sie zärtlich ihre Hand auf seine und begann damit,
sie zu streicheln.
"Ich", Klaus zögerte. "Ich kenne dich!"
"Ich weiß", antwortete sie und lächelte.
Dieses Lächeln, dieses Lächeln... Klaus überlegte fieberhaft.
Schließlich wußte er es. "Lisa!" Er umarmte sie und drückte sie an sich,
er konnte nun seine Tränen nicht mehr halten. Zärtlich legte sie ihre
Arme um ihn und streichelte sanft seinen Rücken.
Lisa war seine beste Freundin gewesen, jedenfalls bis zur vierten Klasse.
Für ihn war sie so ganz anders gewesen, als die anderen Mädchen. Er hatte
so viel mit ihr unternommen, war ständig mit ihr zusammen gewesen. Sie
waren das absolute Traumpaar der Schule gewesen, schon damals hatte er sie
geliebt. Und dann hatte sie den Unfall gehabt. Direkt vor der Schule war
sie von einem Auto überfahren worden, der Fahrer war einfach weitergefahren.
Man hatte nicht mal Bremsspuren entdecken können. Nach ihrem tödlichen Unfall
hatte man dann eine Ampel aufgestellt. Klaus erinnerte sich daran noch sehr
gut. Er hatte die Ampel gehaßt. Noch nie in seinem Leben hatte er etwas mehr
gehaßt als diese Ampel - denn sie war zu spät aufgestellt worden. Zu spät
für Lisa. Er hatte nie wieder ein Mädchen wie sie kennengelernt. Und jetzt
umarmte er sie.
"Lisa", sagte er und er fühlte sich überglücklich. Er löste sich aus der
Umarmung und wollte sie sich anschauen. Aber sie war verschwunden.
Entsetzen stieg in ihm auf und verwandelte sich in Panik. Um ihn herum war
es absolut dunkel. "Nein!" schrie er in die Finsternis hinein.
"Nein!" Klaus setzte sich schweißgebadet auf. Erst langsam erkannte er
seine Umgebung. Er war in einem Bett in einem dunklen Zimmer, in dem
weitere, allerdings leere Betten standen.
"Wo bin ich?" fragte er in den Raum, als könnte der ihm antworten.
Plötzlich öffnete sich eine Tür, das helle Licht, das von draußen kam,
blendete ihn. Die Decke schien plötzlich in mehreren Schüben zu
explodieren. Nach etlichen Sekunden endlich waren die Leuchtstofflampen an.
Klaus hielt sich geblendet die Hände vor die Augen.
Verschwommen erkannte er einen Mann im weißen Kittel vor sich, er studierte
gerade irgendwelche Unterlagen. Der Mann sah ihn nun an.
"Wie geht es Ihnen?" fragte er.
"Das hat man mich doch schonmal gefragt..." Klaus hatte sich nun an die
Helligkeit gewöhnt. Jetzt erkannte er auch die Geräte neben seinem Bett,
an die er über irgendwelche Kabel angeschlossen war. Die meisten Kabel
endeten an seinem Kopf.
"Wissen Sie, wer ich bin?" fragte der Mann ihn. Klaus sah ihn sich jetzt
genauer an. Er war etwa 40 Jahre alt, schlank und hatte graumeliertes Haar.
Er wirkte auf Klaus weder sympathisch noch unsympathisch.
"Sollte ich?" fragte Klaus zurück.
"Ja", entgegnete der Mann knapp.
Klaus betrachtete den Mann nun noch mißtrauischer. Plötzlich, als hätte
jemand eine Diskette in sein Hirn geschoben, erinnerte er sich an alles!
Wie hatte er es vergessen können? Er war Medizin-Student und um sich neben
seinem Studium ein wenig Geld zu verdienen, hatte er das Angebot eines
Pharma-Konzerns angenommen, ein neues Medikament zu erproben. Es sollte die
Erinnerungs- und die Lernfähigkeit des Gehirns um 100 Prozent erhöhen.
Als Medizin-Student konnte er so ein Mittelchen wirklich gebrauchen.
"Ich erinnere mich wieder, Dr. Seifert", antwortete Klaus schließlich.
"Sehr schön", sagte Dr. Seifert und machte sich befriedigt einige Notizen.
"Wir müssen jetzt noch ein paar Tests machen, dann bekommen Sie ihren
Scheck."
Klaus saß auf einer Parkbank. Das rote Herbstlaub verlieh dem Park eine
bestimmte Atmosphäre, die auf Klaus irgendwie endzeitmäßig wirkte. Alles
lief wieder auf den Winter hinaus. Oder auf den Tod.
Das Mittel wirkt nicht, stellte Klaus in Gedanken fest. In der Tat hatten
die Gedächtnistests keine Steigerung der Fähigkeiten seines Gehirns
feststellen können. Er hatte Dr. Seifert auch von dem Überfall und von
Lisa erzählt.
"Wir haben ihre Daten ständig kontrolliert", hatte er geantwortet. "Sie
waren zu keinem Zeitpunkt klinisch tot gewesen. Es müssen
Traumhalluzinationen gewesen sein. Möglicherweise ausgelöst durch das
Medikament. Das werden wir alles noch erforschen!"
Dann hatte er ihm seinen Scheck in die Hand gedrückt und das war es.
Nachdenklich beobachtete Klaus zwei Kinder beim Spielen - ein Junge und ein
Mädchen. Ungefähr in dem Alter, in dem Lisa gewesen war, als sie
gestorben ist. Tränen stiegen ihm in die Augen, er wischte sie sich sofort
beschämt weg. Scheiß Nebenwirkungen! dachte Klaus frustriert. So
sentimental bin ich doch sonst nie. Er verließ den Park.
Auf dem Heimweg kam er an einer Bankfiliale vorbei. Er dachte an seinen
Scheck und entschloß sich spontan, ihn einzulösen. Mal sehen, ob er
gedeckt ist, dachte er schmunzelnd. Er stellte sich hinter drei anderen
Kunden an. Plötzlich kamen zwei maskierte Maenner hineingestürmt.
"Entschuldigen Sie bitte, aber das ist ein Überfall!"
#C31
(C) 27.8.1995 Karim Meghabber
#C10
Diese Story ist CARDWARE! Wenn Du sie interessant findest und in Deine
Sammlung aufnehmen willst, dann schick' mir eine Postkarte.
Ueber Kritiken und Anregungen freue ich mich immer!
Meine Stories sind auch ueber einen Fileserver erhaeltlich!
Infos: storyserver@gaia.berlinet.de - im Betreff HILFE
Karim Meghabber - Dannenwalder Weg 172 - 13439 Berlin
WWW: http://www.berlinet.de/joker/karim/